Sollten Sie aus irgendwelchen Gründen über Vorkenntnisse aus dem Bereich der Festkörperphysik verfügen, so möchte ich Sie bitten, den nachfolgenden Text mit einer gewissen Nachsicht zu lesen (Baldrian-Tropfen können hilfreich sein). Brillouin-Zonen, Bänder-Modelle oder Bloch-Gleichungen werden Sie hier vergeblich suchen. Es geht mehr um eine Einführung in die praktische Funktionsweise wichtiger Halbleiter-Bauelemente, insbesondere bipolarer Transistoren. Hierfür genügt eine anschaulich gut zugängige Erläuterung der Wirkungsweise eines pn-Überganges. Basierend darauf kann jeder Interessierte sich eingehender mit den theoretischen Grundlagen beschäftigen – für unsere eher praxisbezogene Thematik ist dies zwar wünschenswert, aber nicht erforderlich. Die hier genutzte Literatur ist eher das Große Bastelbuch der Elektronik als Szes Halbleiterphysik-Buch.
Wir beginnen unsere Betrachtungen mit der Abb. 6-1. Sie zeigt die Anzahl Transistoren, die in Computerprozessoren verwendet werden (der Prozessor ist sozusagen das Gehirn eines Computers, er führt die eigentlichen Rechenoperation durch). Intern arbeiten Computer mit nur zwei Zahlen, Null und Eins (wir werden dies später verstehen). Um die Zahlen Null oder Eins stabil elektronisch darzustellen, benötigt man zwei Transistoren (ein sogenannter Flipflop).
Beachten Sie bitte, dass die y-Achse (Transistor count) logarithmisch ist: in gleichen Abständen findet immer eine Verzehnfachung der Transistorzahl statt.
Einer der ersten Prozessoren, der Intel 4004, hatte 1971 schlappe 2300 Transistoren (bitte suchen und finden Sie ihn in der Abb. 6-1). Heute zählt der 4004 zu den begehrtesten Objekten für Chip-Sammler.
Hier ist solch ein Transistor, als selbständiges Bauelement ausgeführt, mit den berühmten drei Beinchen (Abb. 6-2), der Durchmesser der Kopfes ist etwa 4 mm:
Davon sind also 2300 Stück (!) auf einem einzigen Chip, dem Intel 4004. Natürlich kann man die Transistoren dann nicht einzeln mit Beinchen versehen und in ein Gehäuse packen, wie in der Abb. 6-2 gezeigt; vielmehr sind die Transistoren extrem miniaturisiert direkt auf dem Chip aufgebracht - eine geradzu ungeheuerlich aufwändige Technologie, die nur funktioniert, weil man Millionen dieser Chips herstellt (und verkauft!).
Hier sehen Sie den Intel 4004 Chip (Abb. 6-3):
Wegen der Miniaturisierung sieht das Innere des Chips eher futuristisch aus:
Das war also 1971, und der Chip hatte 2300 Transistoren. Der erste Computer des Veranstaltungsleiters (ein Apple Macintosh) hatte einen Motorola 68020 Chip (Baujahr 1984) mit sagenhaften 250.000 Transistoren (bitte in Abb. 6-1 finden!), hundert mal mehr als im Intel 4004. Jetzt habe ich mir ein iPhone SE 2020 gekauft, es hat einen A13 Bionic Prozessor mit 8,5 Milliarden Transistoren auf einer Fläche von \(1\;{\rm cm}^2\).
2022: Der Apple M1 Chip hat 16 Milliarden Transistoren, der M1 Pro Chip hat 33,7 Milliarden, der M1 Max 57 Milliarden, der M1 Ultra hat 114 Milliarden Transistoren.
Wenn wir einmal annehmen, dass 1 Milliarde Menschen ein Gerät mit einem Chip besitzen, der 1 Milliarde Transistoren aufweist, dann gibt es weltweit \(10^{9} \cdot 10^{9} = 10^{9+9} = 10^{18} = 1000.000.000.000.000.000\) Transistoren. Dazu kommen natürlich die vielen Milliarden Transistoren, die sich in Waschmaschinen, Mikrowellenöfen, Radios, Heizungen, Kassenautomaten und so weiter befinden. Die Transistorproduktion im Jahre 2014 betrug \(250 \cdot 10^{18}\), also 250 Milliarden Milliarden. Die Zahl produzierter Transistoren verdoppelt sich alle zwei Jahre. Nach einer Berechnung des Wirtschaftsmagazin Forbes wurden \(2.913.276.327.576.980.000.000\) Transistoren bis zum Jahre 2014 produziert. Unsere Galaxis, die Milchstraße, hat nach aktuellen Schätzungen etwa 250 Milliarden Sterne. Das ist nicht einmal die Quadratwurzel der Zahl von Transistoren auf der Erde im Jahre 2014.
Eins), oder eben nicht (das ist der andere Zustand,
Null). Den Schaltpunkt, also das Umspringen vom einen in den anderen Zustand, kann man festlegen (
triggern). Das Umschalten vom einen in den anderen Zustand erfolgt unglaublich schnell, auf einer Nanosekunden-Zeitskala (eine Nanosekunde ist der milliardenste Teil einer Sekunde!). Koppelt man zwei Transistoren, so ist es möglich, diesen Zustand beliebig lange aufrecht zu erhalten. Eine solche Kopplung zweier Schalttransistoren nennt man Flipflop (mehr dazu später). Der Zustand "Eins" oder "Null" entspricht einem Bit; dies ist sozusagen die elementare Information schlechthin. Flipflops kann man wiederum koppeln; 8 Flipflops (8 Bit) ergeben ein Byte. Hierzu benötigt man folglich 16 Transistoren (zwei je Flipflop). Ein Byte kann z.B. den Zustand \(01000110\) aufweisen, das ist die Dual-Darstellung der Dezimalzahl 70, und die ASCII-Codierung des Buchstabens
F. Mein Nachname wäre insgesamt \[010001100110110001100101011100110110001101101000\] Diese Abfolge von Einsen und Nullen wird intern verwendet, wenn ich das Wort
Fleschin unseren Blog schreibe. Um das Wort zu speichern, sind 96 Transistoren notwendig, da jeder Buchstabe durch ein Byte repräsentiert wird.
Einen Standard-Transistor wie den in Abb. 6-2 gezeigten BC-547 kann man sowohl als Verstärker als auch als Schalter verwenden. Er kann beides.
Bipos) eingehend besprechen, soweit dies auf einem Nicht-Festkörperphysik möglich ist, und die anderen Transistorarten nur kurz streifen.
Halbleiter sind Feststoffe, die den elektrischen Strom bei weitem schlechter leiten als Metalle, aber viel besser als Isolatoren (wie z.B. Glas). Diese Einteilung stammt aus Zeiten, als man die Möglichkeit noch nicht kannte, ihre Leitfähigkeit durch gezielte Einlagerung von Fremdatomen (Dotierung) extrem zu verändern (Faktor \(10^{6}\)).
Die BezeichnungHalbleiterrührt daher, dass die so bezeichneten Stoffe den elektrischen Strom zwar wesentlich besser als Isolatoren leiten (Glas, Gummi), aber wiederum nicht so gut wie die Leiter (Metalle).
Die nachfolgende Tabelle 1 (Quelle) zeigt Ihnen Beispiele der Leitfähigkeiten von Metallen, Halbleitern und Isolatoren. Die verwendete Einheit (\(\tfrac{1}{\rm \ohm \cdot m} \)) brauchen Sie nicht weiter zu verstehen; es kommt uns hier nur auf die Größenordnung an.
Material | Leitfähigkeit \(\cdot \ohm \cdot {\rm m}\) |
Silber | \(6 \cdot 10^{7}\) |
Reineisen | \(1 \cdot 10^{7}\) |
Germanium | \(2 \cdot 10^{0}\) |
Silizium | \(5 \cdot 10^{-2}\) |
Glas | \(10^{-11}-10^{-15}\) |
Hartgummi | \(10^{-14}\) |
Quartz | \(10^{-18}\) |
Teflon | \(10^{-23}-10^{-25}\) |
Man sieht, dass bestimmte Stoffe, nämlich Germanium und Silizium, eine Art Mittelstellung zwischen den guten Leitern und den guten Isolatoren einnehmen. Aus dieser Mittelstellung ergab sich historisch die Bezeichnung Halbleiter
.
verunreinigtwerden. Diese gezielte Verunreinigung bezeichnet man als Dotierung, den entsprechend behandelten Halbleiter als dotierten Halbleiter.
Beim Dotieren, etwa von Silizium, versieht man reinstes Silizium (das in außerordentlich aufwändigen Prozessen, zu denen das sogenannte Zonenschmelzverfahren gehört, hergestellt wird) in einem komplizierten Prozess gezielt mit Fremdatomen. Die Menge an Fremdatomen ist sehr gering im Vergleich zum Trägermaterial (zwischen 0,1 ppm und 100 ppm; 1000 ppm sind gleich 1/10%). Dabei entstehen im Halbleiterkristall frei bewegliche Ladungsträger. Dies wird im Folgenden anschaulich erklärt.
Vereinfachte anschauliche Erklärung: In einem Kristall aus reinstem Silizium sind alle vier Valenzelektronen jedes Siliziumatoms in lokalisierte Zwei-Zentren-Bindungen eingebunden (von Fehlstellen sehen wir hier ab): jeweils ein Elektronenpaar bindet zwei Silizium-Atome aneinander. Das ist diejenige Art von chemischer Bindung, die man in den herkömmlichen Elektronenstrichen graphisch darstellt. Die Elektronen sind damit ortsfest, und daher können sie nicht zur elektrischen Leitfähigkeit beitragen. Reines Silizium ist infolgedessen eine Milliarde mal weniger leitfähig als z.B. Silber (vgl. Tabelle 1). In einem Metall wie Silber ist nämlich ein Teil der Valenzelektronen nicht an ein bestimmtes Atom gebunden, sondern es gehört gewissermaßen dem gesamten Festkörper an und kann sich darin frei bewegen (Elektronengas
).
n-dotierte Halbleiter.- Stellen Sie sich bitte vor, dass in einen Siliziumkristall an die Stelle eines Si-Atoms (vier Valenzelektronen) ein Atom eines Elementes der Gruppe V (z.B. Phosphor) tritt. Dieses Atom wird in den Gitterverband eingebaut. Es befindet sich an der Position, an der ohne Dotierung ein Silizium-Atom wäre. Vier seiner fünf Valenzelektronen können chemische Bindungen zu den umgebenden Si-Atomen eingehen, gerade so, wie es ein Si-Atom an dieser Stelle tun würde. Damit sind die Valenzen aus der Umgebung aber auch schon abgesättigt. Das fünfte Elektron des P-Atoms kann nicht Teil einer lokalisierten Zwei-Zentren-Bindung sein, weil ihm der elektronische Partner fehlt. Da es nicht in eine Bindung eingebunden ist, ist es viel leichter beweglich als die anderen vier Elektronen des in das Gitter eingebauten P-Atoms. Es kann unter dem Einfluss elektrischer Felder durch den Kristall wandern und trägt daher zur Leitfähigkeit viel stärker bei als die lokalisierten Elektronen. Die Leitfähigkeit kann dabei bis zu einem Faktor \(10^{6}\) gegenüber dem Wert in der Tabelle 1 ansteigen.
Ein Halbleiter, der mit Atomen dotiert ist, die ein zusätzliches Überschusselektron in den Kristall eintragen, wird als n-dotierter Halbleiter bezeichnet — das n
steht für negativ
, weil der zusätzliche Ladungsträger (das Überschusselektron) eine negative Ladung aufweist. Einen n-dotierten Halbleiter nennt man auch abkürzend einen n-Halbleiter. Eine halbleitende Schicht, die n-dotiert ist, wird als n-Schicht bezeichnet.
n-Halbleiter bedeutet nicht, dass dieser Kristall nun etwa negativ aufgeladen wäre. Der Kristall ist weiterhin elektrisch neutral, denn die negative Überschussladung wird ja durch die Ladung des Zusatzatomkerns kompensiert. Die Schicht ist nicht aufgeladen, sie verfügt aber über frei bewegliche negative Ladungsträger.
p-dotierte Halbleiter.— Dotiert man den Halbleiter (meist Silizium, früher auch oft Germanium) mit einem Element der Gruppe III (z.B. Bor), so ergeben sich nicht freie Überschuss-Elektronen, denn ein Boratom hat ja nur drei Valenzelektronen: ihm fehlt das vierte Elektron. Es ergibt sich eine Elektronenlücke; ein Elektron eines benachbarten Siliziumatoms hat daher keinen Bindungspartner. Es kann nun ein Elektron eines anderen Silizium-Atoms in diese Lücke springen; dadurch ergibt sich aber nun an diesem Silizium-Atom eine Lücke. Diese Lücke kann von Atom zu Atom durch den Kristall wandern. Sie ist ebenso beweglich wie ein Überschuss-Elektron. Sie stimmt in allen Eigenschaften, bis auf das Vorzeichen der Ladung, mit einem Überschuss-Elektron überein. Man bezeichnet eine solche Lücke als Defekt-Elektron. Man tut also so, als wäre die Lücke ein Teilchen.
Dilettantisch-philosophische Überlegungen zur Existenz von Löchern.— Dass man etwas nicht vorhandenes, etwas fehlendes, wie ein Teilchen behandelt und Defektelektron nennt, mag zunächst sonderbar erscheinen. Aber bedenken Sie bitte, dass wir dies im Alltag ständig tun. Denken Sie einmal an einen Schatten. Der Schatten ist nichts weiter als das Fehlen von Licht. Ein Lichtloch. Dennoch bezeichnen wir dieses Fehlen mit einem Gegenstandswort. Wenn die Sonne am Himmelszelt von links nach rechts wandert, dann wandert
der Schatten des Baumes von rechts nach links. Wenn die Sonne sinkt, wird der Schatten länger. Wir sprechen vom Schatten wie von einem realen Gegenstand.— Oder denken Sie einmal an ein Brett, dass zwei Bohrungen hat (zwei kreisrunde Löcher). Im linken der Löcher steckt ein Stopfen. Dann ist das Loch rechts. Nehmen wir den Stopfen nun aus dem linken Loch und stecken ihn in das rechte. Der Stopfen ist von links nach rechts gewandert. Aber das Loch ist von rechts nach links gewandert.— Und überhaupt das seltsame Wort Loch
! Gibt es ein Loch? In welchem Sinne kommt einem Loch Existenz zu? Gibt es nicht eigentlich nur das Holzbrett und Luft dort, wo wir das Loch
sehen? Ist ein Loch in einem Holzbrett und ein gleich großes Loch in einem Aluminiumblech dasselbe Loch? Wenn nein, worin unterscheiden sie sich? Da ist doch in beiden Fällen nur Luft.—
Ein Halbleiter, der mit Atomen dotiert ist, die ein Defektelektron in den Kristall eintragen, wird als p-dotierter Halbleiter bezeichnet — das p
steht für positiv
, weil der zusätzliche Ladungsträger (das Defektelektron) eine positive Ladung aufweist (weil nämlich ein Elektron fehlt). Einen p-dotierten Halbleiter nennt man auch abkürzend einen p-Halbleiter. Eine halbleitende Schicht, die p-dotiert ist, wird als p-Schicht bezeichnet.
Halbleiter können n-dotiert oder p-dotiert sein. Sie unterscheiden sich von den nicht-dotierten, reinen Trägermaterialien in einer Erhöhung der Leitfähigkeit um viele Größenordnungen.
In der Abb. 6-5 ist der Vorgang der Dotierung graphisch dargestellt.Bisher haben wir nur über Materialeigenschaften geredet. Aber jetzt kommt's. Jetzt kommt der entscheidende Schritt — der Effekt, der uns in die Welt der Halbleiterelektronik führt.
Wenn wir einen p-dotierten Halbleiter und einen n-dotierten Halbleiter in Kontakt miteinander bringen, ändert sich etwas Fundamentales in der Ladungsbilanz beider Schichten. (Der Kontakt muss übrigens sehr innig sein; im Grunde sind die p-Schicht und die n-Schicht Teil desselben Kristalls. Es gibt überhaupt keine erkennbare Grenze zwischen den beiden Bereichen.)
Den elektrischen Kontakt zwischen einem n- und einem p-Halbleiter nennt man einen pn-Übergang (englisch: p-n junction
). Die Halbleiter-Elektronik beruht wesentlich auf den Eigenschaften des pn-Übergangs.
Bevor man die p-Schicht und die n-Schicht in Berührung zueinander bringt, ist der n-Halbleiter mit Elektronen angereichert. Der p-Halbleiter ist an Elektronen verarmt (Anreicherung freier Defektelektronen). Beide Schichten sind aber elektrisch neutral.
Bringt man beide Halbleiter miteinander in Kontakt, so kommt es an der pn-Kontaktstelle zur Wanderung von Elektronen aus der n-Zone in die elektronenarme p-Zone und zur Wanderung von Defektelektronen aus der p-Zone in die n-Zone.
Der Vorgang ist eine Diffusion. Denken Sie an ein Wasserbad mit einer Trennscheibe in der Mitte. Im linken Bereich befindet sich eine wässrige Glucose-Lösung, im rechten Bereich eine wässrige Fructose-Lösung. Wenn Sie die Trennscheibe vorsichtig entfernen, wandern Glucose-Moleküle nach rechts, und Fructose-Moleküle nach links, und dies solange, bis die Konzentration in beiden Seiten gleich groß an Glucose und and Fructose ist. Die Triebkraft des Vorgangs ist die Abnahme des chemischen Potentials des Systems durch Konzentrationsausgleich. Hier hört die Analogie aber auf.
Im Unterschied zur den Zuckermolekülen sind die Elektronen und Defektelektronen nämlich geladene Teilchen. Wenn Elektronen die n-Schicht verlassen, dann lädt sich die n-Schicht positiv auf; dies wird noch dadurch verstärkt, dass zusätzlich Defektelektronen in die n-Schicht eindringen. Umgekehrt lädt sich die p-Schicht negativ auf, weil Elektronen eindringen und Defektelektronen die Schicht verlassen. Die elektrische Aufladung der Schichten ist gerade umgekehrt wie ihre Bezeichnung: die n-Schicht wird positiv aufgeladen, die p-Schicht wird negativ aufgeladen. Diese Aufladung führt dazu, dass die weitere Wanderung von Elektronen und Defektelektronen irgendwann aufhört. Während durch die Wanderung das chemische Potential abnimmt, nimmt das elektrische Potential durch die Aufladung zu — solange, bis beide Potentiale einander umgekehrt gleich groß sind. Das System ist dann im Gleichgewicht. Ein weiterer Ladungstransport findet dann nicht mehr statt. Es wandern also nicht alle freien Elektronen in die p-Schicht, sondern nur ein kleiner Teil.
Diese Wanderung hat noch einen weiteren Effekt: im Übergangsbereich beider Schichten (in der pn-Zone) heben sich Elektronen und Löcher gegenseitig auf - die Elektronen fallen in die Löcher. Die Konsequenz ist, dass es im Bereich des pn-Übergangs gar keine freien Ladungsträger mehr gibt. Der pn-Übergang ist ein elektrischer Isolator. Er sperrt den weiteren Ladungstransport. Deswegen wird der pn-Übergang auch Sperrschicht genannt.
Es gibt also zwei Effekte, die durch den pn-Übergang verursacht sind:
Die folgende Abbildung 6-6 zeigt beide Effekte in graphischer und vereinfachter Form. Eine physikalisch fundiertere Darstellung müsste an dieser Stelle ein Energiebänder-Diagramm zeigen.
Im Gleichgewicht ist der n-Bereich des pn-Übergangs an Elektronen verarmt (diese sind in die p-Zone gewandert). Dadurch bildet der n-Bereich den positiven Pol bzgl. der Diffusionsspannung. (Den negativen Pol bietet entsprechend die p-Zone, in die die Elektronen eindiffundiert sind).
An einem pn-Übergang ist der n-Halbleiter der positive Pol, da freie Elektronen aus ihm in den p-Halbleiter gewandert sind.
Die Diffusionsspannung hat bei Germanium den Wert \(0,3\;{\rm V}\), bei Silizium den Wert \(0,7\;{\rm V}\). Sie hängt also von der chemischen Natur des Trägermaterials ab.
Kann man diesen Aufbau als kleine Batterie nutzen? Es ist doch eine Spannungsquelle!— Nein, wenn man die beiden Enden des Kristalls in Abb. 6-6 unten mit einem Draht verbindet, geschieht gar nichts. Denn das System ist ja im Gleichgewicht, chemisches und elektrisches Potential heben sich gegenseitig gerade auf. Bei einer richtigen Batterie ist das System nicht im Gleichgewicht; dieses stellt sich vielmehr erst durch Stromfluss ein, wenn man die Pole mit einem Draht verbindet.
Eine Halbleiterdiode ist nichts weiter als ein pn-Übergang, der als elektrisches Bauelement ausgeführt ist.
Die Halbleiterdiode hat eine bemerkenswerte Eigenschaft: sie lässt elektrischen Strom nur in einer Richtung durch, in der anderen Stromrichtung sperrt sie.
Es fließt ein Elektronenstrom aus der externen Spannungsquelle in die n-Zone und von dort durch die Sperrschicht in die p-Zone, sobald die externe Spannung größer ist als die interne Diffusionsspannung. Die Diode ist in Durchlassrichtung geschaltet. (vgl. Abb. 6-8)
Die Spannung, die zur Überwindung der Sperrschicht notwendig ist, wird Schwellen- oder Schleusenspannung genannt. Sie entspricht dem Betrag nach der Diffusionsspannung des stromlosen pn-Übergangs. Oberhalb der Schleusenspannung ist die Halbleiterdiode niederohmig und leitend. Die Diode wird dort in Vorwärtsrichtung oder im Durchlassbereich betrieben.
Polen wir die externe Spannungsquelle um, so fließt kein Strom. Man spricht von der Sperrrichtung, weil wir dann die positive Seite der externen Quelle dort anlegen, wo ohnehin bereits eine Verarmung an Elektronen stattgefunden hat. Wir kompensieren dann die Diffusionsspannung nicht, und es erfolgt keine Durchgang von Elektronen durch die Sperrschicht.
Das Schaltzeichen der Diode ist in der Abbildung 6-9 gezeigt. Das Dreieck gibt die konventionelle Stromrichtung bei Durchfluss durch die Diode (von + nach -, entgegen der Elektronenstromrichtung) an.
Legt man an eine Diode eine Wechselspannung an, deren Vorzeichen periodisch schwankt, dann ist die Diode nur durchlässig, während die Spannung in Durchlassrichtung gepolt ist.
Dieses Verhalten einer Diode ist in der Abb. 6-10 (etwas vereinfacht) dargestellt.
Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, dass eine Diode nicht dem Ohmschen Gesetz folgt, und zwar in dreierlei Hinsicht:
Der Stromfluss durch die Diode als Funktion der angelegten Spannung wird durch Kennlinien charakterisiert. Wenn Sie eine Diode kaufen, dann orientieren Sie sich bei der Auswahl an ihrer Kennlinie. Die Abbildung 6-11 zeigt dies für den Fall von Germanium- und Silizium-Dioden.
Die Schleusenspannung einer Germaniumdiode beträgt etwa \({\rm 300 \; mV}\); die Schleusenspannung einer Siliziumdiode beträgt etwa \({\rm 700 \; mV}\)
Man erkennt, dass der Einsatz des Durchlassstromes (ein Fachausdruck für den Strom, der bei gegebenen Bedingungen die Diode durchfließt) nicht schlagartig erfolgt,
sondern abhängig vom Halbleitermaterial allmählich ansteigt. Die Bezeichnungen OA9
, 1N4007
und 1N4148
sind Typenbezeichnungen; die letzten beiden sind Siliziumdioden. Man entnimmt der Abb. 6-11, dass die Kennlinie zunächst stark gekrümmt ist und bei höherer Spannung einigermaßen linear verläuft (der tatsächliche Verlauf der Kurve wird durch die Shockley-Gleichung beschrieben, deren Kenntnis aber über den hier dargestellten Stoff hinausgeht). Extrapoliert man den annähernd linearen Bereich der Kurve auf den Strom \(I=0\), so gelangt man näherungsweise zu einem Zahlenwert für die Schleusenspannung. Man erkennt, dass die beiden Siliziumdioden eine sehr ähnliche Schleusenspannung aufweisen.
Abschließend wollen wir noch auf ein heikles Thema eingehen, dass einen wunden Punkt der Analog-Elektronik betrifft: es handelt sich um die starke Temperaturabhängigkeit der Halbleiter-Eigenschaften. Als Beispiel betrachten wir Kennlinien der Diode BAY42, die wir dem Datenblatt entnommen haben (das Datenblatt enthält alle für den Anwender relevanten Daten und Kennlinien, insbesondere auch erlaubte Grenzwerte). Dies wird in der Abb. 6-12 gezeigt.
Wer für ein gegebenes Halbleiter-Bauelement die relevanten Eigenschaften herausfinden will oder muss, der wird die Hersteller-Bezeichnung (z.B. BAY43
) des Bauelementes zusammen mit data sheet
(= englisch für Datenblatt) in eine Suchmaschine eingeben; man erhält dann praktisch immer einen Link auf eine pdf-Version des Datenblatts.
Betrachten wir in der Abb. 6-12 beispielsweise die Daten für einen Durchlassstrom \(I_F=10\;{\rm mA}\) (dritte Linie von oben), so stellen wir fest, dass bei \(0\;^{\circ}{\rm C}\) eine Spannung von \(U_F \approx 740\;{\rm mV}\) notwendig ist, bei \(100\;^{\circ}{\rm C}\) derselbe Durchlassstrom aber bereits bei \(U_F \approx 580\;{\rm mV}\) erreicht wird. Bei der Temperatur von \(100\;^{\circ}{\rm C}\) fließt bei einer Spannung von \(U_F \approx 740\;{\rm mV}\) bereits ein viel höherer Strom als bei \(0\;^{\circ}{\rm C}\). Da jedes Halbleiterbauelement seine eigene Temperaturkennlinie hat, funktioniert eine elektronische Schaltung meist nur innerhalb eines bestimmten Temperaturintervalls zuverlässig. Das ist der Grund, warum in den Betriebsanleitungen der meisten Geräte ein solcher Temperaturbereich (Mindest- und Höchsttemperatur) angegeben ist.
Der Einfluss der Temperatur kann ein Halbleiter-Bauelement durch Aufschaukelung zerstören. Fließt nämlich bei einer gegebenen Spannung \(U_F\) ein Durchlassstrom \(I_F\), so erwärmt sich die Diode infolge des Stromflusses. Die höhere Temperatur führt dazu, dass bei derselben Spannung ein höherer Durchlassstrom fließt, der zu einer weiteren Temperaturerhöhung führt. Dies kann sich soweit aufschaukeln, dass irgendwann ein Stromfluss erreicht wird, bei dem die Diode zerstört wird. Halbleiterbauelemente, die von großen Strömen durchflossen werden, werden daher häufig gekühlt (Kühlschellen etc.).
Die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Verhaltens einer Diode kann auch zur Messung der Temperatur genutzt werden. Dies werden wir in einer späteren Vorlesung kennenlernen.
Der maximale Durchlassstrom \(I_F\)(max) eines Halbleiter-Bauelementes ist üblicherweise im Datenblatt angegeben. Man versteht darunter denjenigen Durchlassstrom, den das Bauelement dauerhaft erträgt, ohne durchzubrennen. Hiervon zu unterscheiden ist der Spitzenstrom, der nur sehr kurzzeitig fließen darf. Als Beispiel finden Sie entsprechende Angaben im Datenblatt der Diode BAY41.
Zener-Diode: Schaltet man eine Diode in Sperrrichtung, so fließt nach dem oben gesagten praktisch kein Strom.
Wir betrachten nun die Abb. 6-ZENER (und lesen die Beschriftung!):
falscheRichtung. Bei Sperrspannungen von \(U_Z < 5\;{\rm V}\) wird dies als Zener-Effekt bezeichnet. Dioden, die diesen Effekt ausnutzen, werden Zener-Dioden genannt. Falls \(U_Z > 5\;{\rm V}\), sind andere Effekte für den Durchbruch verantwortlich; Dioden, die dies ausnutzen, dürfen eigentlich nicht mehr Zener-Dioden genannt werden; sie werden als Z-Dioden bezeichnet.
Durchbruch, der Strom steigt bei dieser Durchbruchspannung schlagartig sehr stark an; die Kennlinie wird fast vertikal. Dies führt, wenn der Stromfluss nicht durch einen äußeren Widerstand begrenzt wird, zur Zerstörung der Diode. Es gibt aber einen besonderen Typ Diode, bei dem man diesen Effekt gezielt ausnutzt, um eine Spannung zu stabilisieren. Solche Dioden nennt man Zener-Dioden oder Z-Dioden. Wie Sie der Kennlinie (linker unterer Quadrant) entnehmen können, ist der Spannunsabfall an der Diode praktisch unabhängig vom Stromfluss. Daher werden sie sehr häufig zur Stabilisierung einer Spannung eingesetzt (oder durch eine Transistorschaltung ersetzt, die das Verhalten einer idealen Zener-Diode simuliert).
Aus dem Alltag bekannt: die Leuchtdiode (LED) Leuchtdioden (LEDs) sind Dioden, die wenn sie von Strom durchflossen werden, sichtbares Licht ausstrahlen. Damit ein Stromfluss erfolgen kann, muss die LED in Durchlassrichtung geschaltet werden. Auch dies ist ein Effekt, der auf dem pn-Übergang beruht. Bei Stromfluss fließen Elektronen aus der mit freien Elektronen angereicherten n-Schicht (der Kathode) durch die pn-Zone in die p-Schicht; und umgekehrt fließen Defektelektronen aus der p-Schicht (der Anode) in Richtung n-Schicht. Elektronen und Defektelektronen treffen in der pn-Zone aufeinander. Hier können sie rekombinieren (das Elektron kann in das Loch
fallen. Bei diesem Prozess wird Energie freigesetzt. (Ein eingehenderes Verständnis der Gründe der Energiefreisetzung setzen vertiefte Kenntnisse der Halbleiterphysik voraus, auf die wir hier verzichten).
Eine solche Freisetzung von Energie in der pn-Zone erfolgt in jeder Halbleiterdiode, aber nicht jede Halbleiterdiode ist eine Leuchtdiode. In einer gewöhnlichen, Silizium- oder Germaniumbasierten Diode führt die Energiefreisetzung lediglich zu einer Erwärmung der Diode. Bei Verwendung bestimmter Materialien wird aber eine Lichtemission beobachtet. Hierbei handelt es sich nicht um thermisches Licht, das aufgrund der Temperatur eines Materials emittiert wird wie bei der Glühlampe, sondern um Lichtemission infolge eines Überganges von Elektronen von einem Energiezustand in einen anderen. Solche Materialien sind beispielsweise: Aluminiumgalliumarsenid (AlGaAs): Rot (\(\lambda = 650 - 750\;{\rm nm}\)); Indiumgalliumnitrid (InGaN): Blau (\(\lambda = 420 - 490\;{\rm nm}\)) usw. Es handelt sich bei diesen Materialien um III-V-Halbleiter, also um Verbindungen aus Elementen der Haupt- oder Nebengruppe III und der Haupt- oder Nebengruppe V.
Wichtig für die Lichtdetektion: Photodiode Die Photodiode ist im Grunde die Umkehrung der Leuchtdiode; Photodioden können aber im Gegensatz zur Leuchtdiode auch Silizium-basiert sein. Wird in der pn-Zone ein Photon absorbiert, so kann eine Elektron-Defektelektron-Bildung erfolgen (Paarbildung). Wegen des im pn-Übergangsbereiches existierenden elektrischen Feldes wird das Paar auseinandergezogen und beide Ladungsträger wandern aus der pn-Schicht heraus. Daraus ergibt sich ein Stromfluss, der mit der Lichtintensität korreliert. Photodioden können daher als Lichtdetektoren verwendet werden. Wir werden messtechnische Einzelheiten und Schaltungsbeispiele später im Detektorkapitel dieser Vorlesung kennenlernen. Das Schaltzeichen der Photodiode ist in der Abb. 6-PhD gezeigt.
Dioden in der Radiotechnik: Kapazitätsdiode Den Plattenkondensator haben wir bereits kurz besprochen. Er besteht aus zwei leitfähigen Schichten und einem isolierenden Dielektrikum
dazwischen. Die Kapazität \(C\) eines Plattenkondensator ist gegeben zu
\[
C = \epsilon_{0} \cdot \epsilon_{R} \cdot \frac{A}{d},
\]
worin \( \epsilon_{0}\) eine Naturkonstante und \( \epsilon_{R}\) eine Materialkonstante ist, die die elektrischen Eigenschaften des Dielektrikums zwischen den Kondensatorplatten bezeichnet. \(A\) ist gleich der Fläche der Platten, und \(d\) ist ihr Abstand.
Aus dieser Gleichung folgt: je näher die beiden Platten einander sind, desto größer ist die Kapazität des Kondensators.
Aus zwei leitfähigen Schichten und einer Isolationsschicht dazwischen besteht aber auch eine Halbleiterdiode, denn der pn-Übergang enthält keine beweglichen Ladungsträger und isoliert die p-Schicht und die n-Schicht voneinander. Daher können wir auch der Halbleiterdiode eine Kapazität zuordnen, die von der Dicke der pn-Übergangszone abhängt, und diese Dicke können wir ändern. Schalten wir nämlich eine Diode in Sperrrichtung, dann fließt kein Strom, und die pn-Schicht wird breiter als wenn keine Spannung anliegt; damit nimmt die Kapazität der Diode ab. Wir können also die Kapazität einer Diode variieren, indem wir in Sperrrichtung eine Spannung anlegen und variieren. Die Kapazität liegt in der Größenordnung PicoFarad (\(= 10^{-12} \;{\rm F}\)). Wer sich ein bisschen mit konventionellen Radios auskennt, weiß wahrscheinlich, dass es darin einen Schwingkreis gibt, der aus der Induktivität (einer Spule) und einer Kapazität (einem Kondensator) besteht. Besonders im Bereich des Ultrakurzwellen (UKW)-Empfanges nutzt man statt eines gewöhnlichen einstellbaren Kondensators Kapazitätsdioden, so dass die Frequenzabstimmung auf einen bestimmten UKW-Sender einfach durch Variation der Spannung an der Diode erfolgen kann. Schaltzeichen der Kapazitätsdiode sind in der Abb. 6-KAPA gezeigt.
speziellenDioden, beispielsweise Schottky-Dioden und Tunnel-Dioden. Wir wollen es mit den genannten Arten hier aber bewenden lassen.
Im vorigen Abschnitt haben wir die Geheimnisse des pn-Übergangs ergründet. Wir haben die Halbleiterdiode als erstes Beispiel für ein elektronisches Bauelement kennengelernt, das auf dem pn-Übergang basiert. Wir rekapitulieren die zwei wesentlichen Merkmale des pn-Übergangs: der pn-Übergang lässt den elektrischen Strom nur durch die Sperrschicht gelangen, wenn
Im Transistor gibt es drei dotierte Halbleiterzonen: npn oder pnp.
Der Aufbau des npn-Transistors zusammen mit dem Schaltzeichen ist in der Abb. 6- 13 gezeigt.
Diodein Sperrrichtung geschaltet ist!), solange \(U_1\) nicht eingeschaltet ist. Die Diode B–C sperrt.
Mit Hilfe des Anschlusses einer Spannung zwischen Basis und Emitter in Durchlassrichtung ist es möglich, den Stromfluss vom Emitter zum Kollektor zu steuern.
Der Kollektor sammelt fast alle Elektronen ein, die der Emitter emittiert. Daher heißt er Kollektor.
Legt man an einen Transistor zwischen Emitter und Basis eine Spannung in Durchlassrichtung an, so beginnt beim Anlegen einer gleich gerichteten Spannung zwischen Emitter und Collector ein Strom zu fließen, sobald die Diffusionsspannung des Emitter-Basis-Übergang erreicht ist. Dabei tritt als Verluststrom der Emitter-Basis-Strom auf.
Wir betrachten jetzt Abbildung 6-16.
Es handelt sich um eine Variante der Abb. 6-13: an die Stelle der beiden Spannungsquellen \(U_1\) und \(U_2\) treten die beiden Widerstände \(R_1\) und \(R_2\). Diese sind mit einer Spannungsquelle verbunden, deren Pole mit + und 0 bezeichnet sind (Potentialdarstellung). Da \(R_1\) und \(R_2\) in Serie geschaltet sind, stellen sie einen Spannungsteiler dar. Damit haben wir elektrisch dieselbe Situation wie in der Abbildung 6-13: An \(R_2\) fällt eine Spannung von \(U_2=9\;{\rm V}\) ab, an \(R_1\) eine Spannung von \(U_1=1 {\rm V}\) (bitte nachrechnen!). Zwischen den Kollektor des npn-Transistors und den Pluspol der Spannungsquelle haben wir einen weiteren Widerstand \(R_L\) geschaltet, den wir als Lastwiderstand bezeichnen. Mit \(R_2 = 9\;\ohm\) und \(R_1=1\;\ohm\) fallen an \(R_2\) \(9\;{\rm V}\) ab. An \(R_1\) fällt \(1\;{\rm V}\) ab. Die Basis-Emitter-Spannung (= die Spannung zwischen dem Basis-Eingang und dem Emitter-Eingang) beträgt also \(U_{\rm BE} = 1\;{\rm V}\). An der Basis liegt eine Spannung von \(+1\;{\rm V}\) gegenüber dem Emitter an, der mit 0 V verbunden ist. Das ist mehr als die typische Schleusenspannung einer Siliziumdiode. Die BE-Diode ist in Durchlassrichtung geschaltet. Damit gelten alle oben gemachten Voraussetzungen: die Emitter-Kollektorstrecke ist durchlässig. Es fließt ein (technischer) Strom vom Kollektor in den Emitter, bzw. ein Elektronenstrom vom Emitter zum Kollektor; außerdem fließt ein viel kleinerer (technischer) Strom aus der Basis in den Emitter. Der aus dem Kollektorausgang austretende Strom wird Kollektorstrom \(I_K\) genannt. Dieser Strom durchfließt auch den Lastwiderstand \(R_L\). Da \(R_L\) von \(I_K\) durchflossen wird, fällt an ihm eine Spannung \(U_L = R_L \cdot I_K\) ab. Die Größe dieser Spannung wird durch den Kollektorstrom \(I_K\) gesteuert, denn \(R_L\) ist ein Ohmscher Widerstand. Die Größe von \(I_K\) wiederum wird durch \(U_{BE}\) gesteuert.
Wir betrachten die Abbildung 6-17.
Grundsätzlich sehen Sie dieselben Schaltungselemente wie in der Abb. 6-16: zwei Widerstände als Spannungsteiler vor der Basis des npn-Transistors, und eine Last im Kollektorzweig zwischen dem Pluspol der 9-V-Spannungsquelle und dem Kollektorausgang des Transistors (beim Kollektor spricht man besser von einem Ausgang statt von einem Eingang).
Der Widerstand R2 ist ein gewöhnlicher Ohmscher 100-k\(\Ohm\)-Widerstand. Mit R1 hat es eine Besonderheit auf sich: es ist ein Photowiderstand. Dieser Widerstand ist aus einem halbleitenden Material aufgebaut (z.B. Galliumarsenid oder Cadmiumselenid), das die Eigenschaft hat, bei Belichtung seinen Widerstandswert zu ändern (wir wollen dies hier einfach hinnehmen und nicht nach den Gründen fragen). Im Dämmerlicht hat R1 einen Wert von ca. \(25\;{\rm k}\Ohm\), bei Beleuchtung (Taschenlampe, Sonnenlicht) fällt dieser Wert auf \(100\;\Ohm\) ab. Die beiden Pfeile zum Widerstand hin gehören zum Schaltsymbol des Photowiderstandes.
Im Kollektorzweig ist an die Stelle des Lastwiderstandes \(R_L\) aus der Abbildung 6-16 eine Leuchtdiode (LED) zusammen mit einem 470-\(\Omega\)-Widerstand getreten. Die beiden Pfeile von der Diode weg gehören zum Schaltsymbol der LED. Dies ist ein Halbleiter-Bauelement, das bei Stromfluss (also in Durchlassrichtung geschaltet) einen Teil der elektrischen Energie in Lichtenergie umwandelt und aussendet. Auch dies wollen wir einfach hinnehmen und nicht weiter nach den physikalischen Gründen fragen. Der 470-\(\Omega\)-Widerstand begrenzt den Stromfluss (Schutz der Diode). Außerdem können wir den Spannungsabfall \(U_R\) an diesem Widerstand messen und daraus bequem den Kollektorstrom \(I_C\) messen (\(I_C = \frac{U_R}{R}\)).
R1 und R2 sind als Spannungsteiler geschaltet, gerade so wie in der Abbildung 6-16. Wir wollen nun zwei Fälle unterscheiden:
Unsere Schaltung bewirkt also, dass die LED im Dunkeln leuchtet, im Hellen aber dunkel bleibt. Der Schreiber dieser Zeilen hat prinzipiell auf diese Weise seine Vorgarten-Beleuchtung gesteuert, so dass sie nur im Dunkeln leuchtet.
Die Abb. 6-18 zeigt den Aufbau der Schaltung auf einem Steckbrett ("Bread Board").
Frage: was geschieht, wenn man die beiden Widerstände R1 und R2 vertauscht? Bitte überlegen Sie sich die Auswirkungen auf die beiden oben beschriebenen Fälle (Tageslicht, Dunkelheit).
Hier sind noch zwei gut lesbare deutsche Webseiten, die auf einfachem Niveau Halbleiter-Bauelemente erklären:
Diese Webseite erklärt in stark vereinfachter Weise die Grundlagen der Halbleiter-Technologie mit Schwerpunkt auf Dioden.
Diese Webseite habe ich Ihnen evtl. schon früher empfohlen. Sie erklärt in vorbildlicher Weise auf Azubi-Niveau die Wirkungsweise von Bauelementen. Hier zum Beispiel werden Transistoren erklärt.
Ok, das war zugegeben ein langer Text. Es war mein eifriges Bemühen, alles so ausführlich und klar wie möglich zu erklären, und auch Wiederholungen nicht zu scheuen, wo es mir notwendig erschien. Meine große Bitte ist, dass Sie Verständnisfragen, welcher Art auch immer, in den Blog setzen, damit alle davon erfahren und ich (wenn irgend möglich) die Fragen für alle zugänglich beantworten kann.
In der kommenden Woche werden wir im Wesentlichen Transistorschaltungen kennenlernen. Wir zeigen zum Beispiel einen einfachen Niederfrequenz-Verstärker für Tonsignale. Danach werden wir uns mit Schaltungen beschäftigen, die mehr als einen Transistor enthalten. Es ist überraschend, was damit alles möglich wird. Man könnte vielleicht sagen, dass wir in der vorliegenden Vorlesung die Tür zur Halbleiter-Elektronik aufgestoßen haben. In der kommenden Vorlesung werden wir durch diese Tür schreiten und das Land der Elektronik erforschen.