Die Temperatur ist bekanntlich ein Maß dafür, wie warm oder kalt ein Körper ist. Damit wollen wir es auch belassen, denn die Temperatur ist, physikalisch betrachtet, eine viel kompliziertere Größe als etwa die elektrische Spannung oder die Wellenlänge. Man gelangt zu einem Verständnis der Temperatur erst durch eingehendere Beschäftigung mit den statistischen Grundlagen der Thermodynamik. Dies ist außerhalb unseres Gesichtskreises der Messtechnik. Wir halten also einfach fest: die Temperatur gibt an, wie warm oder kalt etwas ist, und sie wird mit einem Thermometer gemessen. Mit den aus gewissen Praktika bekannten Quecksilberfaden- oder Alkoholthermometern beschäftigen wir uns hier gar nicht erst, denn wir wollen solche Verfahren kennenlernen, die die Temperatur in eine elektrische Größe umwandeln.
Wir unterscheiden bei der Temperaturmessung:
Kontaktthermometer: das
Temperaturmessgerät (die Messstelle, der Sensor) wird in direkten
Kontakt mit dem Messobjekt gebracht - Beispiel: in das Messobjekt wird
eine kleine Bohrung eingebracht, diese wird mit wärmeleitfähiger Paste
gefüllt und der Sensor wird hineingesteckt. Hier werden erklärt:
Pt-100-Widerstandsthermometer;
Thermoelement;
Thermistor;
Sperrschichtsensor.
Strahlungsthermometer: das Messgerät misst die
vom Messobjekt ausgehende Wärmestrahlung. Hierzu gehören:
Bolometer;
Pyroelektrische
Temperatursensoren.
Die folgenden messtechnisch relevanten Tatsachen müssen bei Temperaturmessungen beachtet werden:
In allen heute gängigen
Temperatur-Messverfahren werden Sensoren eingesetzt, die
die Messgröße (Temperatur) in eine elektrische Größe
umsetzen.
Jedes Kontaktthermometer zeigt
seine eigene Temperatur an. Dies ist nicht
notwendigerweise die Temperatur des Messobjekts.
Der Temperaturfühler als Fremdkörper stört das
Temperaturfeld des Messobjekts.
Messobjekte
(Beispiel: Öfen) haben nicht an allen Punkten dieselbe
Temperatur.
Allgemeines zu Temperatursensoren
Bei einer Temperatur-Messung ist für die Eignung eines Sensors ein definierter Temperaturkoeffizient \(\alpha\) entscheidend, der die Änderung einer elektrischen Größe \(G\) bezogen auf eine Änderung der Temperatur angibt:
\[
\alpha = \frac{\diff G}{\diff T}.
\]
\(G\) ist die elektrische Größe, die sich mit der Temperatur \(T\) ändert.
Hinweis: in manchen Zusammenhängen wird die Größe \(\frac{1}{G_{0}}\frac{\diff G}{\diff T}\) als Temperaturkoeffizient bezeichnet.
Für die Änderung der Größe \(G\) gilt demnach:
\[
\diff G = \alpha \; \diff T.
\]
Bei vielen Sensoren ist \(\alpha\) über einen weiten Temperaturbereich hinreichend konstant, hängt also nicht selbst von \(T\) ab. Innerhalb dieses Bereich gilt dann:
\[
\Delta G = \alpha \; \Delta T
\]
oder
\[
G_1 - G_0 = \alpha \; \left(T_1-T_0 \right)
\]
und daher
\begin{equation} \label{eqLinTemp}
G_1 = G_0 + \alpha \cdot \left(T_1-T_0 \right).
\end {equation}
Zwischen \(G\) und \(T\) besteht für konstantes \(\alpha\) eine lineare Beziehung. Ist der Wert \(G_0\) bei der Referenz-Temperatur \(T_0\) bekannt, dann kann der Wert \(G_1\) für eine andere Temperatur \(T_1\) errechnet werden.
Als Referenz-Temperatur \(T_0\) wird häufig die Temperatur einer Eis-Wassermischung verwendet, weil diese definitionsgemäß eine Temperatur von 0 °C aufweist. Dann kann man in Gl. \ref{eqLinTemp} \(T_0\) auch weglassen und man erhält:
\begin{equation}\label{eqLinTemp0}
G(T) = G_0(T_0) + \alpha \cdot T.
\end{equation}
und daher
\begin{equation}
T = \frac{G(T) - G_0(T_0)}{\alpha}
\end{equation}
Bei einigen Sensoren ist \(\alpha\) aber nicht konstant, sondern eine Funktion der Temperatur (\(\alpha = \alpha(T)\)), so dass man Reihenentwicklungen oder andere Ansätze verwenden muss.
Platin-Widerstandsthermometer
Der elektrische Widerstand eines Platindrahtes
wird zur Temperaturbestimmung genutzt. Die Größe \(G\) ist hier also gleich dem elektrischen Widerstand \(R\).
Der elektrische Widerstand \(R\) eines Materials ist eine Funktion seiner Temperatur:
\[
R = R(T).
\]
Bei Metallen nimmt der
Widerstand mit der Temperatur zu (Kaltleiter). Sie weisen einen positiven Temperaturkoeffizient auf (PTC).
Bei Nichtmetallen nimmt der
Widerstand mit der Temperatur ab (Heißleiter). Sie weisen einen negativen Temperaturkoeffizient auf (NTC).
Bei Halbleitern nimmt der
Widerstand mit der Temperatur meist sehr stark ab (Heißleiter). Sie weisen einen negativen Temperaturkoeffizient auf (NTC).
Gl. \ref{eqLinTemp0} nimmt für einen Platindraht, der als Thermometer verwendet werden soll, die folgende Form an:
\begin{equation} \label {eqPlatinThermometer}
R(T) = R_0(T_0) + \alpha \cdot T;
\end{equation}
hier ist \(R_0\) der Widerstandswert bei der Temperatur \(T_0 = 0\;°{\rm C}\) und \(\alpha\) ist der Temperaturkoeffizient
\begin{equation} \label{eqAlphaWiderstand}
\alpha = \frac{\Delta R}{\Delta T}.
\end{equation}
Eine Pt-100-Messstelle ist ein Platin-Draht, der bei \(T_0 = 0\;°{\rm C}\) gerade einen
Widerstandswert von 100 \(\Omega\) aufweist. Eine Pt-1000-Messstelle ist ein Platin-Draht, der bei \(T_0 = 0\;°{\rm C}\) gerade einen
Widerstandswert von 1000 \(\Omega\) aufweist.
Der Temperaturkoeffizient \(\alpha\) beträgt:
\begin{align*}
{\rm Pt–100}:\alpha &= \frac{0.385\;\Omega}{°{\rm C}};\\
{\rm Pt–1000}:\alpha &= \frac{3.85\;\Omega}{°{\rm C}}.\\
\end{align*}
Demnach ist für ein Pt-100-Thermometer bei einer beliebigen Temperatur \(T\) in °C:
\[
R(T) = 100\;\Omega + \frac{0.385\;\Omega}{°{\rm C}} \cdot T.
\]
und
\[
T = \frac{\left(R(T) - 100\;\Omega\right) }{0.385\;\Omega} \;°{\rm C}.
\]
Berechnung mit dem Taschenrechner: wir ziehen vom gemessenen Widerstandswert \(100\;\Omega\) ab und teilen durch \(0.385\) und erhalten dadurch die Temperatur in °C.
Beispielrechnung für Pt-100 (nur Zahlenwerte):
\begin{align*}
R &= 121.4\\
R - 100 &= 21.4\\
21.4/0.385 &= 55.6\\
\end{align*}
Die Temperatur beträgt \(55.6\;°{\rm C}\).
Für ein Pt-1000-Thermometer ist die Rechnung ganz analog; lediglich müssen wir vom gemessen Widerstandswert 1000 abziehen und nachfolgend durch 3.85 teilen.
Es gibt viele technische Ausführungen, z.B. Keramikwiderstände: der Pt-Draht wird in ein Keramikrohr
eingeführt; Füllung mit z.B. Aluminiumoxid zur Wärmeübertragung.
Im Praktikum verwenden wir unter anderem unten abgeschmolzene Glasrohre, in die wir den
Pt-100-Messfühler stecken und die wir dann mit Silikonöl auffüllen.
Für sehr genaue Messungen und bei Temperaturen oberhalb 100 °C und unterhalb -50 °C kann man statt der linearen Approximation der Gl. \ref{eqPlatinThermometer} ein Polynom der Form
\begin{equation*}
R(T) = R_0(T_0) + \alpha \cdot T + \beta \cdot T^2 + \gamma \cdot T^3 + (\ldots)
\end{equation*}
verwenden.
Messfehler:
der Pt-100-Sensor muss zur Messung seines
Widerstandes von Strom durchflossen sein, so dass sich der Sensor erwärmt. Ein typischer Strom durch ein Pt-100 beträgt \(1\;{\rm mA}\); bei \(0\,^0{\rm C}\) fällt dann an dem Widerstand eine Spannung von 100 mV ab (Ohmsches Gesetz!). Kommerziell verfügbare Pt100-Thermometer prägen dem Pt100-Widerstand einen konstanten Strom auf, bestimmen dann die am Pt100 abfallende Spannung, errechnen dann aus der Spannung den elektrischen Widerstand und ermitteln daraus die Temperatur, die digital angezeigt wird. Die Umrechnungen erfolgen mittels eines kleinen Prozessors (Micro-Controller), der in das Gerät integriert ist.
Die Anschlussdrähte zum Messgerät und insbesondere die Anschlussstellen weisen
einen Innenwiderstand auf. Selbst kleine Kontaktwiderstände führen zu einem
stark verfälschten Temperaturwert. (Welchen Einfluss hat ein zusätzlicher
Kontaktwiderstand von \(5~\Omega\) bei einer Temperatur von 0 ℃?)
Isolationsfehler: das Eindringen von Feuchtigkeit in den Sensor führt zu einem
Temperaturmessfehler (zusätzliche Leitfähigkeit täuscht niedrigere Temperatur
vor).
Für Pt-Widerstandsthermometer wird der Temperaturkoeffizient abweichend von Gl. \ref{eqAlphaWiderstand} auch wie folgt definiert:
\begin{equation*}
\alpha = \frac{1}{R_0} \; \frac{\Delta R}{\Delta T}.
\end{equation*}
Hier wird also das \(\alpha\) entsprechend Gl. \ref{eqAlphaWiderstand} noch durch den Widerstand \(R_0\) bei der Referenztemperatur geteilt. Die Einheit ist dann folglich \(\;°{\rm C}^{-1}\). Der Wert von \(\alpha\) beträgt für ein Pt-100 und für ein Pt-1000 jeweils \(\alpha = 3.85 \cdot 10^{-3}\;°{\rm C}^{-1}\), also eine Materialkonstante.
Thermoelement
Das Thermoelement ("Thermocouple") beruht auf dem Seebeck-Effekt: wird ein Metalldraht an einem Ende erhitzt (\(T_1\)), während das andere Ende kalt bleibt (\(T_0\)), dann fällt über dem Draht eine elektrische Spannung, die Thermospannung \(U_{Th}\) ab (Abb. 12-1 oben).
Formt man den Metalldraht mittig zu einer Spitze aus und erhitzt diese Spitze, dann wird man zwischen den beiden kalten Enden keine Spannung messen, da die Thermospannungen in beiden Teilstrecken \(T_1 \ldots T_0\) gleich groß sind und sich wechselseitig kompensieren (vgl. Abb. G-1 unten links).
Verwendet man statt dessen aber zwei verschiedene Metalle und verbindet sie in einer Spitze durch Löten oder Verschweißen, dann sind die Thermospannungen längs der beiden Drähte verschieden, und die Differenz \(\Delta U_{Th}\) der Thermospannungen kann gemessen werden (vgl. Abb. G-1 unten rechts). Ist die Temperatur \(T_0\) am kalten Ort bekannt (Eiswasser!), dann kann aus \(\Delta U_{Th}\) die Temperatur \(T_1\) bestimmt werden.
Der Einfachheit halber wird die Differenz \(\Delta U_{Th}\) als Thermospannung \(U_{Th}\) des Thermoelementes bezeichnet.
Abb. 12-1: Zum Verständnis des Thermoelementes. Die eingetragenen Vorzeichen beziehen sich auf den Fall \(T_1 > T_2\).
Die Thermospannung \(U_{Th}\) je Grad Temperaturdifferenz zwischen heißer und kalter Stelle beträgt nur etwa \(\alpha = \frac{40\;{\rm \mu V}}{\;°{\rm C}}\), d.h. bei einer Temperaturdifferenz von \(100 \;°{\rm C}\) wird eine Thermospannung von lediglich ca. \(4\;{\rm mV}\) gemessen.
Der Temperaturkoeffizient eines Thermoelementes ist
\[
\alpha = \frac{\diff U_{Th}}{\diff T}.
\]
Sind die Referenztemperatur und die Temperatur der Messstelle beide genau gleich \(0\;°{\rm C}\), dann sollte die Thermospannung gleich Null sein. Da die Temperaturen beider Stellen unter Umständen einander nicht genau gleich sind, ist eine Nullpunktskorrektur \(U_0\) erforderlich. Es ist also mit der Referenztemperatur \(0\;°{\rm C}\):
\[
U_{Th} = U_0 + \alpha \cdot T
\]
und die Temperatur am Ort der Messstelle ergibt sich zu
\begin{equation} \label{eqThermo}
T = \frac{U_{Th} - U_0}{\alpha}.
\end{equation}
Hersteller-Hinweise zum praktischen Umgang mit Thermoelementen findet man hier.
Thermistor: dabei handelt es sich um ein halbleitendes Material (gesintertes Gemisch aus Metalloxiden), dessen elektrischer Widerstand mit steigender Temperatur abnimmt. Der Thermistor ist daher ein Heißleiter und sein Temperaturkoeffizient ist negativ (NTC). In einem Halbleiter kommt die elektrische Leitfähigkeit dadurch zustande, dass Elektronen aus einem Valenzband, das selbst nicht zur Leitfähigkeit beiträgt, in ein Leitungsband angehoben werden. Dabei entstehen zugleich Elektronenlöcher (Defektelektronen) im Valenzband, die geradeso zur Leitfähigkeit beitragen wie die Elektronen im Leitungsband (Löcherleitung). Zur Anregung von Elektronen aus einem Valenzband in ein Leitungsband genügt bei Halbleitern bereits die der Raumtemperatur entsprechende thermische Energie.
Zu einem quantitativen Verständnis der Temperaturabhängigkeit der elektrischen Leitfähigkeit in Halbleitern sind vertiefte Kenntnisse der Halbleiterphysik notwendig. Die nachfolgende, empirisch ermittelte ausgeprägt nicht-lineare Beziehung beschreibt den Zusammenhang zwischen der absoluten Temperatur in Kelvin und dem elektrischem Widerstand in Ohm für einem Halbleiter mit großer Genauigkeit (Steinhart-Hart-Gleichung):
\begin{equation} \label{eqNTC}
\frac{1}{T} = A + B \ln R + C\;\left(\ln R\right)^3.
\end{equation}
\(T\): absolute Temperatur in K;
\(R\): Widerstand des Sensors bei der aktuellen Temperatur;
\(A,\;B,\;C\): Temperaturkoeffizienten in \({\rm K^{-1}}\).
Die nachfolgende Abbildung zeigt Ergebnisse einer Kalibrierung eines Thermistors NTC-SEMI833.
Abb. 12-2: Kalibrierung eines Thermistors (SEMI-833) mittels der Steinhart-Hart-Gleichung.
Formal muss \(R\) jeweils durch \(1\;\Omega\) geteilt werden, damit nur der Zahlenwert des Widerstandes logarithmiert wird.
Der Fehler in \(1/T\) ergibt sich aus
\[
\Delta \frac{1}{T} = \sqrt{\left(\frac{\pdiff 1/T}{\pdiff A} \Delta A\right)^2 + \left(\frac{\pdiff 1/T}{\pdiff B} \Delta B\right)^2 + \left(\frac{\pdiff 1/T}{\pdiff C} \Delta C\right)^2 }.
\]
Sperrschicht-Sensor: einer Halbleiterdiode wird in Durchlassrichtung ein konstanter (!) Strom aufgeprägt. Der Spannungsabfall \(U_D\) an der Diode ist eine lineare Funktion der Celsius-Temperatur:
\[
U_{D_{I=const.}} = U_{0} + \alpha \cdot T.
\]
Daraus ergibt sich für die Temperatur:
\begin{equation} \label{eqSperrschicht}
T = \frac{U_D - U_{0}} {\alpha}
\end{equation}
\(U_D\): gemessene Durchlass-Spannung in mV;
\(U_0\): Durchlass-Spannung der Diode bei 0 °C;
\(\alpha\): Temperaturkoeffizient in mV/ °C;
\(T\): aktuelle Temperatur in °C.
Der Fehler in \(T\) ergibt sich zu
\begin{equation*}
\Delta T = \sqrt{\left(\frac{\pdiff T}{\pdiff U_0} \cdot \Delta U_0\right)^2 + \left(\frac{\pdiff T}{\pdiff \alpha} \cdot \Delta \alpha\right)^2}.
\end{equation*}
Berührungslose Temperaturmessung durch Strahlungsdetektoren
Physikalische Grundlage: Jeder Körper mit einer Temperatur \(T>0\) emittiert
Strahlung. Die Gesamtstrahlungsleistung ist durch das Stefan-Boltzmannsche
Gesetz gegeben:
\begin{equation}
\Phi = \epsilon \cdot \sigma \cdot A \cdot T^4.
\end{equation}
\(\Phi\): Strahlungsleistung des Körpers mit der Oberfläche \(A\) und der
absoluten (Kelvin-)Temperatur \(T\); \([\Phi]\) = W.
\(\epsilon\): Emissionsgrad (Wärmeabstrahlfähigkeit) des Körpers (reine
Zahl zwischen Null und Eins);
Die Stefan-Boltzmann-Konstante hat eine theoretische Ausdeutung. Die Theorie
liefert für diese Konstante:
\[\sigma = \frac {2 \cdot \pi^5 \cdot k_B^4}{15 c^2 h^3}.\]
Dieser für die Physikalische Chemie fundamentale Zusammenhang ist für die
Messtechnik belanglos.
Für eine berührungslose Temperaturmessung muss man den Emissionsgrad
\(\epsilon\) (auch Emissivität genannt), also die Wärmeabstrahlfähigkeit des Messobjekts kennen.
Wenn zwei Körper dieselbe Strahlungsleistung emittieren, kann die
Temperatur der Körper durchaus verschieden sein, falls ein
unterschiedlicher Emissionsgrad vorliegt. Zur Bestimmung des Emissionsgrades eines Körpers gibt es Kalibriermaterialien mit bekanntem \(\epsilon\). Der Körper und das Kalibriermaterial werden auf dieselbe Temperatur gebracht und die Strahlungsleistung beider wird gemessen.
Für einen sogenannten Schwarzen Körper gilt: \(\epsilon =1\).
Ein schwarzer Körper ist ein solcher, der alle auftreffende Strahlung
absorbiert (keine Reflexion).
Der Emissionsgrad hängt nicht nur von der chemischen Natur eines Körpers
ab, sondern sehr stark von seiner Oberflächenbeschaffenheit und von der
Temperatur.
Auch die Umgebung eines Körpers strahlt Energie ab. Haben Körper und
Umgebung dieselbe Temperatur und denselben Emissionsgrad, so ist der
Körper unsichtbar, da kein Kontrast vorliegt. Nur der Kontrast zur Umgebung macht den Körper sichtbar.
Häufig vernachlässigt man näherungsweise den Emissionsgrad der Umgebung und
setzt für die Strahlungleistung eines Körpers der Temperatur \(T_1\) mit dem
Emissionsgrad \(\epsilon\) in der Umgebung mit der Temperatur \(T_2\):
\begin{equation} \label {eqStrahlungsfluss}
\Phi = \epsilon \cdot \sigma \cdot A \cdot \left( T_1^4 - T_2^4\right).
\end{equation}
Die nachfolgende Tabelle gibt Beispiele fur den Emissionsgrad verschiedener Materialien.
Stoff
Oberfl.
\(\theta [℃]\)
\(\epsilon\)
Stoff
\(\theta [℃]\)
\(\epsilon\)
Aluminium
poliert
170
0,05
Silber
1500
0,04
rauh
150
0,15
Wolfram
1500
0,15
Stahl
poliert
150
0,16
Emaille
20
0,85..0,95
poliert
20
0,28
Ziegel
20
0,93
Rost
20
0,85
Wasser
0..100
0,95
Kupfer
poliert
20
0,02
Gips
20
0,8..0,9
oxidiert
20
0,78
Ruß
100..300
0,95
Aufgrund der starken Abhängigkeit der Emission eines Körpers von seinem Emissionsgrad ist die quantitative genaue Bestimmung der Temperatur eines Körpers durch Nutzung seiner Wärmestrahlung nur nach einer sorgfältigen Kalibrierung möglich.
Bolometer
Auf einer dünnen Trägerschicht ist eine elektrische Widerstandsschicht (typischerweise ein Halbleitermaterial, beispielsweise amorphes Silizium (\(\alpha\)-Si)) aufgebracht, die sich durch die Wärmestrahlung erwärmt und dadurch ihren Widerstandswert verändert.
Der Aufbau eines Bolometers ist in der Abbildung 12-3 gezeigt.
Abb. 12-3: Aufbau eines Bolometers zum Nachweis thermischer Strahlung. 1: Substrat, 2: Membran, 3: Widerstandsschicht, 4: Kontaktierung.
Ein Feld aus Bolometern kann wie das Pixelfeld einer CCD-Kamera genutzt werden, um ortsaufgelöste Temperaturprofile aufzunehmen. Dies wird in Wärmebildkameras ausgenutzt.
Die Trägerschicht darf die Wärme aus der Widerstandsschicht nicht abführen.
Eine typische Verschaltung eines Bolometers ist in der Abb. 12-4 gezeigt. Der Widerstand des Bolometers wird in einer Wheatstoneschen Brücke (vgl. 5. Vorlesung) gemessen.
Abb. 12-4: Bolometer als Messwiderstand in Wheatstonescher Brücke (vgl. Abb. 7-13).
Wärmebildkamera.– Eine Wärmebildkamera ist eine rechteckige Anordnung von kleinen Bolometern, beispielsweise 400x400. Diese Anordnung dient als ortsauflösender Detektor. Vor dem Detektor befindet sich wie bei einer Lichtkamera ein Linsensystem. Als Linsenmaterial wird meist einkristallines Germanium verwendet; es werden aber auch Saphir und Zinkselenid genutzt.
. Die einzelnen Bolometer entsprechen jeweils einem Pixel. Jedes Pixel selbst ist ein 17 x 17 bis 35 x 35 μm² großes Mikrobolometer. Solche 150 Nanometer dünnen thermischen Empfänger werden durch die Wärmestrahlung innerhalb von 10 ms um ca. ein Fünftel des Temperaturunterschiedes zwischen Objekt- und Eigentemperatur erwärmt.
Abb. 12-5 zeigt einen Bolometer-Chip, der äußerlich einem CCD-Chip ähnelt.
Abb. 12-5: Bolometer-Chip mit einer rechteckigen Anordnung von Mikro-Bolometern.
Die nachfolgende Abb. 12-6 zeigt die Intensität des Strahlungskontinuums eines schwarzen Körpers (\(\epsilon=1)\) bei 373 K und bei 310 K.
Abb. 12-6: Intensitätsverteilung der Wärmestrahlung von Körpern unter der Annahme \(\epsilon=1\) bei zwei verschiedenen Temperaturen.
Wir erkennen, dass sich bei höherer Temperatur das Strahlungsmaximum etwas zu einer kürzeren Wellenlänge hin verschiebt und das außerdem die Intensität der Strahlung stark zunimmt. Die in der Wärmekamera verwendeten Strahlungssensoren reagieren ausschließlich auf die Strahlungsleistung, nicht auf die Wellenlänge. Der relevante Spektralbereich, insbesondere der Bereich 9–15 µm wird auch als Wärmestrahlung bezeichnet.
Beachten Sie bitte, dass die Wärmebildkamera Strahlung registriert, die von den Körpern aufgrund ihrer Temperatur emittiert wird. Bei der gewöhnlichen Lichtfotographie dagegen beleuchten wir die fotografierten Körper von außen mit einer Lampe, und wir registrieren mit der Kamera das von den Körpern reflektierte Licht. Denn die Körper leuchten je im allgemeinen nicht von selbst. Dies ist bei der Wärmebildkamera ganz anders. Sie funktioniert daher auch im Dunklen. Das zusätzliche Aufstellen einer Infrarotlampe würde nur das Bild verfälschen, denn wir sind nicht daran interessiert, inwiefern die Körper IR-Strahlung reflektieren, sondern daran, wieviel Strahlung sie aufgrund ihrer Temperatur selbst emittieren. Wenn eine Wärmebildkamera für quantitative Messungen genutzt werden soll (Temperaturbestimmung) und nicht nur als Nachtsichtgerät, muss sie kalibriert werden, da die registrierten Körper, wie oben beschrieben, einen unterschiedlichen \(\epsilon\)-Wert aufweisen.